Ein Ausflug ins Wandergebiet Nagelfluhkette

Gedichte von Ute Pesch

Geologische Erklärungen

Wenn man oben auf dem Imberg die Gondel verläßt, erreicht man mit wenigen Schritten eine runde Tafel, auf der geschrieben steht:

Expedition Nagelfluhkette

Wir sehen vor uns den westlichen Teil der Nagelfluhkette. Nach ihr ist der gesamte Naturpark benannt.

An den harten Felsschichten des Eineguntkopfes steht Wald, auf den weicheren Schichten finden sich Alpweiden.

Die steilen Wände an der Nagelfluhkette bestehen aus gefalteten Nagelfluhbänken.

Die schrägstehenden Schichten verwittern schnell, härtere Schichten langsamer.

Rindalphorn 1822 m

Hochgrat 1834

Seelekopf 1663 m

Diese Namen tragen die drei Häuser unserer Wohnanlage. Meines heißt Rindalphorn.

Was ich zu einem Teil von meinem Wohnzimmerfenster und vom Balkon aus sehe, habe ich heute, an einem fast noch hochsommerlichen Tag, näher in Augenschein genommen. 

Man sieht es besonders gut von der Terrasse des Berggasthofes Hochbühl aus, wo ich nach der Wanderung von Hörmoos zu Mittag gegessen habe. Der Bus fährt von der Imberg-Bergstation bis Ende Oktober alle zwei Stunden dorthin. Das letzte Stück auf dem Rückweg von Hochbühl zur Gondelbahn ist der harzreiche Wald.

Ute Pesch
13. September 2016


*

Von Hörmoos abwärts

Enzian, von vielen Sorten
ist der kleine hier zu orten,
scheint noch nicht von Seltenheit,
steht am Wegesrand bereit,

daß ich mich zur Blume bücke,
mich an seinem Blau entzücke.
Blütenblätter, es sind vier,
öffnen sich hier im Revier

einer wahren Kolonie
von Silberdisteln, groß sind sie.
Der Naturschutz hält die Wacht:
Stehenlassen, abgemacht

werden darf kein Exemplar.
Stachlig bietet es sich dar,
um die silbernen Rosetten
vor der Menschenhand zu retten.

Auch das Sommerweidevieh
läßt sie stehen, meidet sie.
Hier und da ein gelber Tupfer,
Tannenzapfen, braun wie Kupfer

zwischen diesen Blümchen liegen.
Flieger durch die Lüfte fliegen,
hinterlassen weiße Streifen
weit entfernt. Laßt uns begreifen:

Hörmoosabwärts nur zu Fuß
ist der größere Genuß
jedenfalls für mich gerade
auf dem blumenreichen Pfade!


*

Zwanzig Tiere

Müde Kühe wiederkäuen,
Mütter und ihr Kalb.
Hier verzichtet man aufs Heuen,
läßt sie grasen auf der Alp.

Wenn sie aufstehn, tönen Glocken,
nicht, wenn sie am Boden hocken.
Fliegen werden abgewehrt,
schwänzewedelnd aufgestört.

Zwanzig Tiere machen aus
diese Herde. Sennerhaus
hält noch seine Tore offen,
nicht vom Viehabtrieb betroffen.


*

Zwergziegen

Sie stehn am Weidezaun,
Zwergziegen, weiß und braun.
Es ist ein braves Pärchen.
Ich denke an das Märchen

vom Wolf, der fehlt zum Glück
auf diesem Wiesenstück.
Er hat den Ziegenbart,
nicht lang, nach Ziegenart

grau und ein wenig schütter.
Nicht so die Ziegenmütter.
Hier gibts davon nur eine
zwergziegenhafte kleine, 

die an den Gräsern zupft,
wo er auch solche rupft,
nahrhafter als zu blicken
durch eines Zaunes Lücken!


*

Harztropfen

Harztropfen kleben
an Stämmen, vergeben
die Düfte der Tannen,
aus denen sie rannen
in früheren Zeiten
um Lack zu bereiten.
Was sie produzieren
zum Möbelpolieren
ist jetzt ohne Wert,
was die Bäume nicht schert.
Man läßt sie in Ruh,
greift bei Kunstharz zu.


*

Von Berg zu Berg

Es sind keine Riesen
im Allgäuland,
sie gleichen nicht diesen,
als Alpen bekannt.

Sie haben Profile
mit Nase und Mund,
der Bäume gibt’s viele
da, wo sie rund.

Die Bergbauernsitze
mehr Abstand halten.
Gras wächst bis zur Spitze,
das sie verwalten,

sind tüchtige Senner,
beherrschen ihr Werk,
Käseherstellungskönner
von Berg zu Berg.


*

Die Karte mit den Wanderwegen

Jetzt scheint der Mond zu mir herein!
Ich breite aus im Lampenschein
die Karte mit den Wanderwegen.
Sie zeigt, wo alles ist gelegen,

was ich beim Gehen und beim Stehn
begeistert habe angesehn.
Sie titelt “Wanderparadies”,
in dem ich auf Beschrieb’nes stieß.

Ich sah es nicht zum ersten Mal,
bewundre öfter Berg und Tal,
beschreibe stets auch mit dem Stift,
was das Einmalige betrifft.

Die Worte werden neu gefügt,
was mir in Zukunft nicht genügt.
Dann werde ich mit andren Sätzen
mitteilen, was an diesen Plätzen

der Allgäu-Landschaft mich erwärmt,
wenn ich in diese ausgeschwärmt,
die mich, als heute so besonnte,
mit aller Kraft erobern konnte.


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